Nennt sich einer
Koenigjohannes.
Und darf der das. Annibale
Picicci hat mit der Namenspolizei gedealt.
Seien wir mal ehrlich:
Wie viele junge Männer laufen in Berlin herum, die
sich tatsächlich Koenigjohannes nennen würden,
um mit diesem Namen Künstler zu werden? Die richtige
Antwort muss lauten: einer. Und dieser hier hat allen
Grund dazu. Denn Johannes König ist ein eher stiller
Mensch mit einer ruhigen Stimme, der sich gut artikuliert
und Brille trägt. So einer wie Koenigjohannes macht
keine Videokunst wie alle anderen, sondern studiert erst
mal ordentlich Orchestermusik, genauer gesagt Bratsche
und Klavier. Für's Handwerkszeug sozusagen. Erst
mit diesem im Gepäck macht sich unser König
auf nach Berlin-Clubland, wo er zunächst mit Tonbandexperimenten
und später mit alten Samplern und Atari-Rechnern
den Discokugeln zeigt, was es heißt, konzeptuell
drauf zu sein. Und - wir ahnen es schon - es bedeutet
rigorose Disziplin und Konzentration. Bei Koenigjohannes
drückt sich beides wesentlich in Reduktion aus, in
Verbindung mit warmen Klangfarben - der Basic-Channel-Sound
blitzt immer wieder auf. Wobei Reduktion hier nicht im
Sinne eines musikalischen Minimalismus zu verstehen ist,
sondern mehr als wohlüberlegtes Vorgehen und dem
Entfernen von überflüssigem Ballast, der dem
anvisierten Entwurf abträglich sein könnte.
Es ist sogar die Rede davon, die Musik "in Form von
thematischen Konzeptionen zu entwickeln". Das heißt
etwa, dass ausschließlich selbst gesamplete Quellen
von akustischen Instrumenten verwendet werden. Zwar hat
sich das Begriffsfeld "Elektronische Musik"
inzwischen so weit auseinandergezogen, dass man den Begriff
immer und immer wieder entnervt in den Mülleimer
der Geschichte werfen möchte. Bei Koenigjohannes
macht der Begriff komischerweise Sinn. Genauso wie es
in elektronisch-musikalischen Zusammenhängen fast
schon als Absurdität gilt, von "organischen
Klängen" zu sprechen. Dabei ist diese idealisierte
Biologisierung der elektronischen Klangerzeugung verständlich,
vor allem, weil sie an eine sehr alte Definition von Maschinensoul
andockt. Und die geht hier weiter zurück als es die
gegenwärtig omnipräsenten 80er es uns glauben
machen wollen. Ich rede hier von Pink Floyd, Tangerine
Dream und so was. Fies, nicht wahr? Wer mag sich so was
heute noch anhören, stimmt schon. Aber Koenigjohannes
ist anders. Er ist vielleicht jemand, der sich bei Livekonzerten
gerne Pausen zwischen seinen Stücken genehmigt und
dies mit freundlichen kurzen Ansagen versieht. Doch er
weiß schließlich auch, was zur Zeit läuft,
und so bettet er nonchalant auch die anschmiegsamsten
Melodien in die kuscheligsten Beats, die sich aus einem
schönen Analog-Synth herauskitzeln lassen. Davon
kann man sich jetzt auf seiner zweiten Platte "8"
auf Digital Kranky überzeugen. Spätestens dabei
dürfte jeder und jedem klar sein, weshalb es schwer
in Ordnung geht, sich Koenigjohannes zu nennen.
(annibale picicci, beam
me up 08/2002, seite 11)
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